Die ersten Stunden des Fluges — Hinein in den Sturm ­Gedanken während des Fluges

 

Unter welch anderen Umständen als im Sommer des Vorjahres überflogen wir diesmal Irland! Dem Start, der um 5.35 Uhr morgens erfolgt war, folgte ein wundervoller Nachmittag. Strahlender Himmel, mit ganz leichten Wol­kenschichten bedeckt, lachte über die „grüne Insel", die Köhl und ich dank aller Liebe und Güte, die wir auf ihr erfahren haben, rasch liebgewonnen hatten, und als wir dicht bei Galway den Ozean in raschem Fluge mit etwa 200 km Geschwindigkeit in der Stunde erreichten, bot dieser ein leuch­tendes Bild des Friedens. Keine heulenden Winde brüllten uns wie im August entgegen. Sonne und Frieden. Die große Überquerung begann unter den freundlichsten Voraus­setzungen. Und dieser Frieden dauerte lange, wundervolle Stunden. Ab und zu wurden Rauchbomben abgeworfen, um die Geschwindigkeit und Richtung des Windes festzu­stellen. Kleine Störungen, die jeder Motor hat, wurden über­wunden oder überwanden sich eigentlich von selbst. Der Wind war zum Teil günstig, zum Teil nicht hemmend, und wir legten in kurzer Zeit Meile über Meile zurück. Nach fünfzehnstündigem Fluge, der den Tag für uns, da wir ja die Ost-West-Richtung hielten, wesentlich verlängerte, tauchten vor uns riesige Nebel- und Wolkenschichten auf. Das Thermometer sank. Die Eiszone vor Neufundland war erreicht.

Köhl zog die Maschine über die Wolken, deren unheim­lich seltsame Formationen drohend und grotesk zugleich wirkten. Ein eisiger, heulender Westwind empfing uns. Was half es? Wir waren auf diese Erscheinungen vor­bereitet und mußten hindurch, koste es was es wolle. Wäh­rend wir über die wie ein groteskes Gebirge wirkenden Massen dahinzogen und gegen den Wind ankämpften, sehe ich, wie Fitzmaurice zu Köhl irgend etwas zuzurufen be­müht ist. Zu groß ist der Lärm des Motors und des Sturmes. Er greift zum Bleistift. Köhl — ich kenne jetzt aus seinen Bewegungen jede Regung seines beherrschten Temperaments — wird ernst, ja besorgt. Ich suche einen Blick auf den Zettel zu werfen. Es gelingt mir. Er enthält die Botschaft: „Gehen Sie an Land, solange das noch möglich ist. Unser Öltank ist anscheinend leck." Eine scharmante Nachricht! Köhl hat mir später erzählt, daß er, um sich ganz zu sammeln, drei „Vater unser" im Stillen gesprochen habe. Er lacht Fitzmaurice an. Dieser nickt. Wir wissen alle drei: bewahrheitet sich die Befürchtung, so sind wir rettungslos verloren.

Der Sturm hat inzwischen eine derartige Gewalt an­genommen, daß die Maschine nahezu in der Luft steht. Wir durchstoßen die Wolken- und Nebeldecke. Das tobende Meer kommt zum Durchbruch. Jetzt tauchen verstärkt die Erinnerungen an den ersten Sturmflug der „Bremen" auf. Sie fliegt eigentlich nicht mehr! Sie tanzt. Aber sie hält. Und sie kommt vorwärts. Ein Zeichen, daß unser Vertrauen zu Dessau gerechtfertigt war.

Wie damals vor neun Monaten bricht die Nacht in dem Augenblick herein, da die Hölle auf uns losgelassen zu sein scheint. Damals aber hatten wir Land unter uns oder doch in der Nähe. Es gibt keine Umkehr. Gutes Wetter kann man nicht auf der ganzen Strecke erwarten. Also wei­ter. Wenn es auch Nacht ist: Es kommt ein Morgen. Wer nicht an ihn glaubt, soll daheim bleiben. Ich werfe einen kurzen Blick auf das kleine goldene Kreuz, das in „meiner" Kabine hängt. Es blitzt im schnell verlöschenden Licht der Taschenlampe. Wie mag man zu Hause an uns denken? Meine Mutter, die drei Tage vor unserem ersten Flugversuch meinen Vater verlor, gab mir das kleine Herz in meiner Tasche. Nicht weich werden! Wir haben alle drei im Felde gestanden und kämpfen heute wie damals für eine Idee. Weiter, weiter! ...

Nacht, Nebel und Sturm! Die Maschine ächzt und zittert. Wir gehen von 1800 Meter auf 100 Meter, um wieder zu steigen. Köhl, der Begründer des Nebelfluges in Deutsch­land, kann die Probe auf das Exempel machen: Er kann sogar bei Nacht den Nebel meistern. Viele, viele Stunden, deren Minuten Jahre zu sein scheinen. Nimmt dieses Dun­kel kein Ende? Ab und zu erscheinen Sterne. Und Lichter tauchen auf. Die Küste, Leuchtfeuer! Trug über Trug. Irrlichter täuschen den Hoffenden. Wir sind in der Zone der Nordlichter. Will das kein Ende nehmen? Aber zu­weilen leuchtet der Polarstern. Er wird zum Wegweiser. Die Lichtleitung an den Instrumenten ist zerbrochen. Da­für schlägt das eisige Nebelwasser in die Augen der Piloten. Sturm, Nebel und Nacht! Wenige Minuten Schlaf bald der eine, bald der andere. Noch immer kein Licht des Tages. Aber es wird dennoch kommen — ob für uns? Wir hoffen ...

Blutrot erwacht die Sonne. Sturmzeichen! Unter uns dehnt sich Land. Wir haben den anderen Kontinent er­reicht! Und wir fliegen. Über endlose Wälder, weiß ver­schneit, einsam und verlassen, geht der Flug. Labrador? Wahrscheinlich. Die Mißweisung des Kompasses hat un­heimlich, jeder Berechnung spottend, zugenommen. Auch darüber wird später noch zu sprechen sein. Jetzt beschäftigt uns der neu einsetzende Sturm, der im zweiten Teil der Nacht abgeflaut hatte. Die Sonne steigt, und unter uns immer dasselbe Bild. Kein Haus, kein Dorf. Totes Land. Wir fliegen. Berge, steil, kahl oder weiß beschneit, tauchen auf, müssen in brausendem Sturm überwunden werden. Riesenflüsse, verlassen und vereist, grüßen zu uns herauf. Keine Spur menschlicher Arbeit, so weit das Auge aus­schaut. Wir können nicht mehr zweifeln: Durch die De­viation des Kompasses, durch Nebel und Sturm haben wir die exakte Richtung verloren. Und noch eines: Der Kampf mit den Elementen hat uns mehr Benzol gekostet, als wir entbehren können. Unser Vorrat geht zu Ende. Nun gut. Noch einmal ein „Vater unser". Wenn wir jetzt landen müssen, sind wir in der Einöde wahrscheinlich verloren. Kühl meinte später, er würde sich dann zunächst als Be­sitzer eines riesigen Waldes gefühlt haben. Nur den Humor nicht verlieren! Wer zu sterben hat, soll mit Anstand ster­ben! Vorher aber hat er um sein Leben zu kämpfen. Die brave „Bremen" tut ihr Möglichstes. Sie weiß, was sie ihrem Namen und dem ihres Erbauers schuldig ist. Und die Pilo­ten geben ihr nichts nach. Ich selbst habe wieder den Pelz ausgezogen und liege bei schneidender Kälte zwischen den Tanks. Weiter, weiter! Wir haben viel erlebt und erfahren. Vieles kann von grundlegender Bedeutung für den Flugver­kehr der Zukunft werden. Wenn wir es weiter melden könnten! Soll es nicht sein: In deine Hände befehle ich mein Los!

Wir haben gedreht und suchen. Die Berge weichen. Vor uns schimmert gefrorenes Wasser. Geht es zum Nord­pol? Der Kompaß versagt. Der Brennstoff ist in kurzer Zeit zu Ende. Finish? Plötzlich ruft Fitzmaurice: „Ein Boot!" Wir halten Ausschau. Was er für ein Boot gehalten hat, ist ein Haus an der Küste. Noch haben wir Reste Ben­zols. Das Haus kommt näher, ein Leuchtturm taucht auf. Menschen und Hunde werden sichtbar! Wir sind gerettet.

Wenige Minuten später setzt Köhl die Maschine mit meisterhafter Führung aufs Eis. Es war die kürzeste und beste Landung, die ich je erlebte. Doch die Eisdecke gibt nach. Die Maschine bricht ein und neigt sich langsam nach vorn. Aber sie steht und ist nur leicht beschädigt. Wir er­fahren, daß wir über Labrador herumgereist sind und nun in Greenly Island sind. Also der erste Ost-West-Flug im Flugzeug über den Ozean ist gelungen! Rührende Gastlich­keit und schlichte aufrichtige Güte umgibt uns. Der Kampf um das Leben ist erstritten, und als wir am anderen Tage die ergreifend gütige Botschaft des Präsidenten der Ver­einigten Staaten als Begrüßung in der Hand halten, wissen wir: Jenseits des Ozeans hatte man den Sinn unseres Unter­nehmens verstanden.

Gedanken während des Fluges! Sie kommen und gehen. Die Kabine der „Bremen" ist angefüllt mit allerlei Andenken und Heiligenbildern. Ich bin nicht Katholik, aber glauben meine Kameraden nicht an denselben Gott der Christenheit, zu dem auch meine Gebete aufsteigen? In Baldonnel vor dem Start empfingen wir noch so viele Beweise der Teil­nahme und Sympathien seitens der gläubigen Bevölkerung, daß ich mit Stecknadeln all die kleinen Bilder an die mit Stoff umwickelten Stäbe des Mittelgerüstes unserer Maschine befestigen konnte. Wie oft habe ich sie während des Fluges betrachtet? Ich kann es nicht zählen, aber jeder Blick er­innert mich an ein freundliches Wort, an eine Zeile der Freundschaft oder an einen kameradschaftlichen Hände­druck. Trägt uns denn nicht unser Wille allein zum Ziel, wenn wir auf Gott vertrauen? Diese Bilder an den Metall­ritzen, diese Münzen und Andenken in meiner Tasche sind irgendwie mit meinem Willen und dem meiner Kameraden verschmolzen. Köhl sagte mir später einmal in Greenly Island: „Ich begreife erst jetzt ganz, daß du diese Zeichen vor Augen haben mußtest. In den Stunden, da das nächt­liche Wetter um uns tobte, da alle Elemente der Hölle ent­fesselt schienen, haben Fitzmaurice und ich um unser Leben kämpfen müssen und dürfen. Du aber warst dazu verurteilt, zu glauben und zu vertrauen." Der Freund hatte den Freund verstanden. Schwarz und feierlich hängt vor mir ein kleines schwar­zes Kreuz. Zu tausenden sind diese in den Läden Irlands zu haben. In allen Häusern irischer Patrioten findet man dieses Symbol des Christentums, dessen Mittelschild das Wappenbild der „grünen Insel", die Harfe, trägt, in den ver­schiedensten Größen. Aus uraltem Eichenholz, dessen Stümpfe tief in die Moore hineintauchen, werden die Kreuze geschnitten. Das eine wurde mir bei unserem ersten Auf­enthalt in Erin geschenkt. Eines stammt aus Galway, die­sem wundervollen Hafen, der zum Brachliegen verdammt zu sein scheint, bis Propellergeräusch ihn einst zu neuer Blüte erwecken wird. Freundeshand gab es mir. Für den Flug! Nun tobt unter uns der Ozean. Zerfetzte Wolken jagen vorüber. Irrlichter tauchen auf und verschwinden. Bis zu der niedrigen Decke der Kabine werfen mich die Böen empor. Im flüchtigen Schein der Taschenlampe leuch­tet das schwarze Kreuz. Irland!

Im Geiste sehe ich wieder dieselbe Strecke von Limerick nach Galway, die ich sechs Wochen vorher im Auto zurücklegte. Längs der Straßen ärmliche Häuser. Roh und unbeholfen zusammengefügt aus Feldsteinen. Und Feldsteine bedecken ringsum die Äcker, ersticken jedes kei­mende Leben und breiten sich wie ein gewaltiges Totentuch über das Land. Schwärme und Schwärme von Krähen strei­chen über die Felder, umkreisen die spärlichen Sykomoren und ziehen über die toten Häuser und Hütten. Denn auch diese Wohnstätten, von lebendigen Menschen für lebendige Menschen geschaffen, sind leblos und tot. Wo sind die Bewohner, wo weilen die Erbauer? Fort! Getrieben von der Not und dem nagenden Hunger sind sie in die Ferne gegangen, haben sie sich unter dem Sternenbanner der ge­waltigen amerikanischen Nation eine neue Existenz ge­schaffen. Irland kann seine Kinder nicht ernähren. Und diese Kinder lieben doch das Mutterland mit jeder Faser ihres Herzens. Sie lieben es mehr als das eigene Leben, das sie jederzeit zu opfern bereit sind, wenn sie dem grünen Erin damit die Freiheit erstreiten können.

Die Straßen der großen Städte reden eine gleich beredte Sprache wie diese Häuser ohne Seelen. Rechts und links ragen Ruinen, Zeugen des Ringens um eben diese Freiheit. In den Klüften der Berge hallte es wieder von Schüssen, von den letzten Seufzern der Sterbenden. „Freiheit!" Wie lautet das Wort der Heiligen Schrift: „Wenn die Menschen schwei­gen, werden die Steine reden." In diesem Lande wurde das Wort lebendige Wirklichkeit. Jeder Stein auf den Feldern, jeder Fels der ragenden Berge und Hügel, jeder Trümmer­teil der zerschossenen und verbrannten Häuser in Dublins Straßen und Gassen, jede Woge, die an Irlands Küste schlägt, jede Welle des rauschenden Shannon ist ein einziger ge­waltiger Schrei, der von dieser qualgeweihten Erde zum Himmel empor steigt. „Freiheit!" Klingt dieses Wort nicht auch jetzt in dem Rauschen des Sturmes, der um uns tobt? Singen nicht die Wellen des Ozeans unter mir das gleiche Lied? „Freiheit!" Der Kampf führte zum Sieg. Der Schrei fand Erhörung. Grün, weiß und gelb flattert die Fahne über dem „Unabhängigen Irischen Freistaat".

Einer der beiden Männer aber, deren schattenhafte Um­risse ich kaum erkennen kann, die mit dem Steuer in der Hand um das Leben der „Bremen" kämpfen, ist ein Sohn dieser freien grünen Insel. In meiner Brieftasche liegt ein Zettel mit wenigen Zei­len. über sie ist sorgfältig ein vierblättriges Kleeblatt geklebt. Nie werde ich diese Stunde vergessen, mein irischer Kamerad, in der du mir den Talisman deines Schicksals, das später unser Schicksal wurde, überreichtest. Das Sym­bol des Glückes und Irlands zugleich verkörpert dieses un­scheinbare Blättchen. vergilbt und vertrocknet. Es hat Fitz­maurice auf seinem ersten Flugversuch, auf dem er gleich uns von der Gewalt des Sturmes überwältigt zurückkehren mußte, begleitet. An jenem dämmernden, regnerischen und windzerwühlten Morgen, da wir fröstelnd in der Messe des Offizierskorps in Baldonnel saßen, gab mir der Kommandant der irischen Luftstreitkräfte seinen Talisman. Noch wollten wir Deutschen allein starten, und nur der von Regenwasser zerwühlte Boden hielt uns zurück. In dem Augenblick, da Fitzmaurice mir diesen Talisman in restloser Kameradschaft reichte, da der Sportsmann die Sportsleute grüßte, wuchs in Köhl und mir der Gedanke, daß ein Mann, der derartiger Tat eines Edelmannes fähig war, der treueste und beste Kamerad für unseren Flug sein würde. Und nun hat uns das Erleben des Fluges zusammengeführt. Seite an Seite kämpfen die beiden Piloten um den Erfolg. Heiß ringt sich in meiner Seele das Gebet empor: Herrgott, laß diesen Flug um Deutschlands und Irlands willen nicht vergeblich sein!

Einsam sehe ich in die schweigende und doch so be­redte Nacht hinaus. Was wird der nächste Morgen uns bringen? Was auch kommen mag, Sieg oder Ende, wir werden als Kameraden sterben oder als Kameraden siegen, und das Band, das zwischen Deutschland und Irland als ein Symbol dafür geknüpft ist, daß Vergangenes vergangen ist und daß neues Leben erwachte, wird im Leben wie im Ster­ben unzerreißbar bleiben.

Blutrot erwacht der Morgen. Unheilverkündend er­scheint mir diese Röte. Der Seemann fürchtet die Röte der aufgehenden Sonne, wie er den in gleichem Licht heraufsteigenden Abend als gutes Zeichen begrüßt. Ich fasse in meine Tasche und fühle zwischen den Fingern ein kleines Holzkreuz. In Bayern verfertigt man diesen kindlichen Schmuck, blau, himmelblau ist es angestrichen und in wei­ßen kindlichen Schriftzügen stehen die Worte darauf: „Gott schütze dich." Meine Mutter gab mir dieses Herz, als ich sie im vergangenen Spätsommer für einen Tag in München besuchte. Mein Vater schlief den ewigen Schlaf seit vierzehn Tagen. Hinter mir lag der erste mißglückte Flugversuch, bei dem wir, wie durch ein Wunder, unversehrt geblieben waren. Wir wollten zu einem neuen Start ansetzen, und einen Tag der Ruhe benutzte ich, um meine Mutter, die zu meinem Bruder für wenige Monate übergesiedelt war, zu be­suchen. Beim Abschied drückte sie mir das kleine Herz in die Hand. Es war ein Geschenk meines Vaters an sie ge­wesen und es sollte mir Glück bringen. Wieviel Gebete aus dem Mutterherzen verkörpert dieser kleine leblose Gegen­stand in meinen halberstarrten Fingern. Meine Mutter wußte, daß keine Macht der Welt mich vor dem Versuch zurück­halten konnte, bis er geglückt oder bis ich nicht mehr am Leben war. Und dennoch hat sie in jenen Tagen geschwie­gen und mir mit keinem Wort das Herz schwer gemacht. Nur später einmal, im Winter, sagte sie zu mir: „Ich dachte an die Tage des Krieges. Es mußte sein, ihr ginget ins Feld, wir hatten zu beten und zu warten." Die erwachende Sonne zeigt unter uns Land. Wir haben den ersehnten an­deren Kontinent erreicht. Aber noch tobt der Sturm, noch kämpfen die beiden Kameraden vor mir mit den Elementen.

Köhls Meldung: „Der Brennstoff geht zu Ende. Lege dich zwischen die Tanks, um die Maschine zu erleichtern." Den Pelz aus und zwischen die Tanks gekrochen. Nun wird es also ernst. Noch ernster als bisher. Meine Gedanken gehen wieder zurück nach Deutschland. Wieder sehe ich vor mir das kleine behagliche Heim des ehemaligen Haupt­manns Köhl und seiner anmutigen jungen Frau. Wie wenig hat dieses „Peterle" ihrem Mann das Herz schwer gemacht. Diese Frau ist von demselben Geist wie meine Mutter. Welche Stimmungen haben wir zu dritt auf dem Balkon der Köhlschen Wohnung verlebt. Hoffnung wechselte mit Niedergeschlagenheit. Wir glaubten und hofften zugleich. Wir wurden enttäuscht und freudig überrascht.

Und alles trug die beste Kameradin ihres Mannes in stiller fraulicher Freundschaft und Liebe mit ihm und mit uns. In Dessau half sie pflegen, und später half sie uns warten. Wird sie ihr „Hermännle" wiedersehen? Berg­gipfel steigt über Berggipfel auf. Ein grandioses Bild der gewaltigen Macht des bildenden Schöpfers. Wird er uns zum letzten Ziel geleiten oder wird er uns ein ewiges „Halt" gebieten? Noch surrt die Schraube, noch hofft mein gläu­biges Herz.

Als Fitzmaurice später Greenly Island vorübergehend ver­lassen hatte, um uns Hilfsmittel für unseren Weiterflug zu beschaffen, sprachen voreilige Stimmen von Zerwürfnissen zwischen der „Bremen"-Besatzung. Ihr kleingläubigen See­len, wißt ihr denn nicht, daß diese eine Nacht drei Männerherzen so zusammenfügte, daß sie sich nie im Zorn trennen können?

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